After Effects CS3

Philippe Fointaines Praxisbuch. Laser, Klone, Explosionen - »Es ist fast alles machbar«

Ich wünschte ich wäre nochmal ein Schüler, hätte in den Ferien jede Menge verantwortungs- und pflichtenfreie Zeit und einen PC und eine Digi-Cam. Ich würde mich selbst filmen, wie ich mit einem Stock in der Hand gestenreich und dramatisch gegen einen imaginären Gegner kämpfe, dann würde ich das Video auf meinem PC mit Premiere zurechtschneiden. Dann würde ich mir auf YouTube erklären lassen, wie man aus dem simplen Stock ein illuminiertes Star Wars Laserschwert macht, würde mich selbst duplizieren und mich selbst mit meinem anderen Selbst auf einem Hintergrund vereinen, und während Laserschwert auf Laserschwert trifft, würde ich dieses Jedi-Schwert-Stromspannungsgeräusch einfügen. Auf YouTube gibt es unzählige Videos von Jugendlichen aus aller Welt die so genau etwas machen.

Wäre, hätte, würde ... nichts hält mich davon ab, mir jetzt die Zeit zu nehmen, und es jetzt zu lernen.Wenn Programme viel können, nennt man sie gerne »mächtig«. Wo Photoshop ein »mächtiges Bildbearbeitungsprogramm« ist, ist After Effects eine »mächtige Compositing- und Animations-Software«. Das lernt man nicht so eben nebenher. Die zwei Kilo schweren 750 Seiten des Adobe After Effects CS3 Praxisbuchs deuten schon vor dem Aufschlagen an, wieviel Zeit und Training nötig sind, um das Programm geschmeidig bedienen zu können. Dabei hat Philippe Fointaine einen großen Anspruch: nämlich Anfängern wie Profis gleichermaßen gerecht zu werden. Den Anfängern soll das Buch eine strukturierte Schritt-für-Schritt-Anleitung sein, dem Profi ein allumfassendes Nachschlagewerk.

Vor einem Jahr habe ich ein paar Projekte mit AE gemacht: das Video-Training nimmt an die Hand und führt zielsicher von einem Schritt zum nächsten. Das geht schnell und das Ergebnis stimmt. Einziger Nachteil: so richtig gemerkt und verinnerlicht habe ich das nicht. Vom natürlichen, selbstverständlichen Umgang mit den Werkzeugen und Möglichkeiten bin ich noch sehr weit entfernt. An der Stelle greift dieses Buch. Es zeigt mir nicht nur, worauf ich klicken muss damit etwas passiert, es verdeutlicht auch die Hintergründe und Details und schreitet in einer idealen Geschwindigkeit voran - so, dass es nie schematisch wird und zugleich keine kühnen Schritte Richtung Expertenwissen vornimmt, bei denen man als Anfänger auf der Strecke bleiben könnte.

Machen Sie das, sagt Fointaine, und Sie sehen, es wird dies passieren. Wir und Sie, mit diesen Personalpronomen spricht Philippe Fointaine seine Leser an, und macht bereits in den Kapiteleinführungen richtig Lust auf das, was dort zu lernen ist: »Menschen auf dem Mond? Mit Key-Effekten kein Problem. Eine Blumenwiese unter Wasser? Mit dem Kaustikeffekt kein Thema. Farbstichige oder kontrastarme Aufnahmen wie neu? Eine neue Farbe für Ihr Auto? Nutzen Sie Color Finesse! Bilder und Videos verzerren, verflüssigen oder zertrümmern? Es ist fast alles machbar«.Und wenn man der Sache mal überdrüssig wird und das Buch ein paar Tage beiseite legt, findet man sofort wieder den Einstieg. Das ist bemerkenswert - Philippe Fointaine ist ein Profi, und jeder, der sich mit einem Thema gut auskennt, weiß, wie schwierig es ist, einen Unerfahrenen nach und nach auf den eigenen Wissenstand zu hieven. Das Buch animiert zum simultanen Ausprobieren, doch selbst wenn das Programm mal nicht zur Hand ist, zeigen viele hochaufgelöste, farbige Screenshots wie es am Bildschirm aussehen würde.

Ich bin begeistert. Als einziges wirklich hervorstechendes Manko bleibt mir nur, auf den Preis hinzuweisen: 70 Euro packt man nicht so einfach auf den Tisch, vor allem wenn man bedenkt, dass das Internet randvoll ist mit guten Tutorials - für Grundlagen und anspruchsvolle Projekte gleichermaßen. Aber: die meisten sind auf Englisch, während die installierte After Effects-Version in der Regel deutschsprachig ist. Vor allem sind die Online-Tuorials nicht auf diese Weise didaktisch optimal aufeinander aufgebaut, wie es hier der Fall ist. Nicht zu vergessen, die beiliegende DVD mit 30-Tage-Vollversionen, inspirierenden Demoprojekten und Workshop-Dateien. Wer dieses Programm beherrschen möchte, dem lege ich ans Herz, diese 70 Euro auszugeben. Oder - falls Schüler mit jeder Menge verantwortungs- und pflichtenfreier Zeit - es sich zu Weihnachten schenken zu lassen.

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