Geschickt kontern. Nie mehr sprachlos
Schlagfertigkeit trainieren. Die absurde Reaktion
Nie mehr sprachlos - das ist schon ein gewagtes Versprechen. Wie reagiert man auf Stichelei oder gar aggressive Anmachen und Provokationen? Klar: mit einer schlagfertigen und witzigen, geradezu filmreifen Antwort, die die dem Angreifer den Wind aus den Segeln nimmt und einem selbst die bewundernde Zustimmung der Umstehenden einbringt.
So weit die Theorie. Wenn das mal so einfach wäre. Andererseits: was hat damals die Mutter erzählt, wenn wir erneut von einem Klassenkameraden gepiesackt wurden? »Einfach ignorieren! Dann hören die schon auf, weil's langweilig ist!« Hat auch nie geklappt. Genauso wenig wie erhitztes Zurückstänkern. Scheinbar einzig wirksame Lösung: cool und schlagfertig antworten. Eine Anleitung wie das geht, das erhoffte ich mir von dieser CD.
Ein Mann und eine Frau, die beiden Sprecher des Hörbuchs, machen wechselnde Moderation und geraten schon nach wenigen Sekunden in den ersten Schlagabtausch. Er provoziert: »Du bist doch noch grün hinter den Ohren!« - sie kontert: »Klar, ich arbeite auch in einer Gärtnerei«.
Haha. Haha.
O-Ton: »Verwirren sie den Angreifer mit einer absurden, unerwarteten Reaktion. [...] Stellen Sie an sich selbst nicht die Forderung, auf eine Provokation etwas Geistreiches sagen zu müssen. [...] dies ist das schlagfertigste Muster, witzig zu reagieren.«
Aha! Es geht also um ein schlagfertiges Muster, nicht etwa um die Schlagfertigkeit an sich. Damit wäre die Grundaussage dieser CD eigentlich zusammengefasst: absurd reagieren, da das echte Schlagfertigkeitsgen nunmal den wenigsten Menschen gegeben ist. Eine der zahlreichen Taktiken ist, den Angreifer mit Scherzantworten zu übertölpeln. Ich mag Scherzfragen und Scherzantworten nicht. Qualvoll sind für mich Kapitel wie »die Sprichworttaktik«: Man antworte bei einer Provokation mit einem Sprichwort, das nicht passt. Zu Verdeutlichung provoziert die Sprecherin: »Du bist aber eingebildet« - er kontert: »die Kuh, die viel herumspringt, kommt wenig zum Fressen«.
Hm. Ja, das wird den Angreifer tatsächlich verwirren. Allerdings hält er mich danach wohl nicht nur für eingebildet, sondern auch für geistig abnormal. Was dann eventuell wirklich den erwünschten Effekt hat: nämlich dass er mich in Zukunft meidet. Und mit ihm der Rest der Belegschaft, der jenen Dialog brühwarm und gestenreich erzählt bekam. Bin ich zu pessimistisch?
Die späteren Kapitel gefallen mir jedenfalls besser: hier wird überhört, belächelt und ignoriert. Doch auch später noch nerven mich die akustischen Verdeutlichungen: Sie provoziert: »Ich halte deine Meinung für blöd« - er lenkt ab mit: »Viel Sonne wünschen wir uns doch alle. Wenn es allerdings zu heiß ist, ist das auch nicht gut.«
Trotzdem: jedes der Beispiele und alle genannten Techniken - seien sie auch noch so dämlich - sind immer noch besser, als sich unterbuttern zu lassen. Diese Tatsache macht das Hörbuch Geschickt kontern zu einer zwar gewöhnungsbedürftigen, aber sinnvollen Hilfestellung.
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