Kleine Psychologie der Tugend
Rolf Reber über das richtige Denken, Reden und Handeln
Dieses Buch kam gerade zur rechten Zeit. Ich frage mich in letzter Zeit ständig, was in welchem Moment die richtige Entscheidung ist, oder auch in welcher Situation ich (moralisch gesehen) recht habe und der andere unrecht. Vielleicht hatte ich nie ein wirklich gutes Gefühl dafür, aber jetzt ist es definitiv verloren gegangen. Da kommt mir also eine kleine Psychologie der Tugend, also der »Fähigkeit und inneren Haltung, das Gute mit innerer Neigung (d. h. leicht und mit Freude) zu tun« (Wikipedia) gerade recht - ich möchte herausfinden ob es möglich ist, das Gute dank eindeutiger Indizien zu erkennen.
Rolf Reber hat also diese kleine Psychologie der Tugend geschrieben und erklärt in kurzen Artikeln was der gesunde Menschenverstand bewirkt und warum wir das Gute nicht tun, obwohl wir stets daran denken es zu tun. Den Weg zur Tugend, zu besseren Gedanken, besseren Worten und besseren Taten, kannte laut Reber schon ein gewisser Zarathustra, ein alt-iranischer Zaotar (Priester), der um 1800 v. Chr. lebte. Diese Dreiteilung ist erreichbar unter Verwendung der drei Grundtugenden Glaube, Hoffnung und Liebe sowie der Kardinaltugenden Klugheit, Tapferkeit, Gerechtigkeit und Mäßigung.
Und Rolf Reber weiß seine Meinung sehr klar und direkt zum Ausdruck zu bringen. Zur Frage, wie Unwissenheit zu mangelnder Tugend führen kann, sagt er:
»Ich bezweifle nicht, dass all die Astrologen, Graphologen, Bachblütentherapeuten und Kinesiologen an sich gute Menschen sind, die glauben, ihren Kunden einen guten Dienst zu erweisen. Was ihnen fehlt, ist das Wissen um die Unwirksamkeit ihrer Methode«.
Das dünne Buch liest sich gut, spannend, nachvollziehbar. Ich schätze es, wenn Menschen ihre Meinung sagen, ohne sich darum Sorgen zu machen, dass sich andere eventuell auf die Füße getreten fühlen (ist das tugendhaft? Hm...) Nur gut, dass ich vor dem Lesen nicht erst einen Blick auf das Autorenfoto geworfen habe.
Es erinnert mich auf ganz unangenehme Weise an einen ehemaligen Physiklehrer (oder jedenfalls irgendein Naturwissenschaftlehrer). Dieser starre, strenge, beängstigend beharrliche Blick, die Hände in einhämmernder Geste festgehalten - grauenvoll!
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