Kreatives Schreiben

Ulla Mothes kompliziertes, unterhaltungsarmes Buch, das das Gegenteil verspricht

"Wenn Jemand einen Ratgeber zum Thema Schreiben verfasst ist es interessant zu sehen, was dieser »Fachmann« für Referenzen vorweisen kann, sprich was er bereits schriftstellerisch erschaffen hat. Zu Autorin Ulla Mothes finde ich bei Amazon vier Titel: zwei Kinderbücher, ein filmtheoretisches Fachbuch und eben dieses Buch hier, das dem Leser das Kreative Schreiben näher bringen soll.Kein sonderlich beeindruckender Hintergrund, aber das hat James Frey ja auch nicht davon abgehalten, seine Reihe Wie man einen verdammt guten Roman schreibt zu veröffentlichen.

Der Klappentext klingt eigentlich vielversprechend: »Ulla Mothes führt unterhaltsam in Kunst und Handwerk des literarischen Schreibens ein. Vom ersten Einfall bis zur fertigen Geschichte begleitet sie anhand eines Beispiels anschaulich die vielen praktischen Tipps.« (Ist dieser Satz etwas deformiert?)

Aber: unterhaltsam ist das Buch mal gar nicht. Schon bei den ersten Sätzen des Vorworts zuckt mein Auge: »Darf ich Ihre Schreibtischlampe sein? Knipsen Sie mich an. Lassen Sie mich beleuchten, was Sie geschrieben haben, schreiben und schreiben werden.« Nein danke, die Schreibtischlampe bleibt aus. Hätte ich gerne gesagt. Gelesen hab ich es zwecks anschließender Bewertung dann doch (leider reizt Mothes die misslungene Lampen-Allegorie weiterhin empfindlich aus).

Stilistisch bleibt es nicht im Kinderbuchjargon, im Gegenteil: die Autorin hat sich bemüht, einen wissenschaftlichen Ratgeber zu schreiben und quält mich mit Monstersätzen im Nominalstil wie »Diese Fragen untersuchen die Verbindung zu einer Interessenverdichtung« oder »Das Aufeinandertreffen von Geschehnissen bewirkt durch die dahinter stehende thematische Absicht eine qualitative Veränderung der Sachlage«.Nicht dass ich ein Problem damit hätte, Sätze mehrmals zu lesen bis ich sie verstehe - wenn ich mich zum Beispiel explizit für eine Doktorarbeit interessiere, oder zumindest ausdrücklich ein Studienbuch kaufe. Nicht einen Ratgeber, der oberflächlich mit legerer Autorenidylle wirbt: inmitten von Blumenstrauß, Tee und Laptop.

Die Idee, einen Ratgeber (wie im Klappentext versprochen) an einem konkreten Beispiel das parallel mitläuft zu veranschaulichen, gefällt mir gut. Der dazu verwendete Plot »Mädchen wird sexuell missbraucht und möchte wieder in den heilen Zustand zurück, der davor war« ist wohl Geschmackssache. Mich beflügelt diese »Begleitung« rund um Rache, Leid und Mord absolut nicht, nebenher selbst etwas aufs Papier zu bringen (Was schreibt die Autorin? Kinderbücher?).

Das gröbste Vergehen dieses Buchs geschieht aber nicht innerhalb der Buchdeckel.Ich habe auf der Seite bereits ein Buch desselben Verlags und derselben Reihe rezensiert: Erfolgreich schreiben hat von mir eine zustimmende Bewertung erhalten (die ich noch immer vertrete). Ich habe mich im Januar allerdings nicht vom Klappentext beirren lassen. Diesmal schon. U.a. ist dort ein Stempel untergebracht, der dieses Buch als »Testsieger« des Bunds Deutscher Schriftsteller E.V. ausweist. Sieht respektabel aus. Doch dann macht der unprofessionelle Webauftritt dieses Vereins nicht nur direkt auf der Startseite auf die Bücher der Reihe »Wissen kompakt für Autoren« aufmerksam. Er hat auch noch jedes einzelne von ihnen in den jeweiligen Kategorien zum »Testsieger« erkoren. Als wäre das nicht blamabel genug, wurden auf Amazon.de die Rezensionen zum Buch auch noch plump fingiert: pro Band je zwei Mal fünf Sterne, jeder dieser Rezensenten hat nur eine einzige Rezension geschrieben - nämlich zu einem Band der Reihe »Wissen kompakt für Autoren«. Eine kurze Recherche bestätigt den negativen Eindruck:

Wikipedia: »Kritiker werfen dem Bund Deutscher Schriftsteller Verbindungen zur umstrittenen Frankfurter Verlagsgruppe vor, zu der die Druckkostenzuschussverlage [...] gehören«.autoren-magazin.de: »Der Bund Deutscher Schriftsteller BDS ist ein Kleinverein [...]. Der BDS verwendet u.a. Domains wie schriftsteller-verband.de, ist aber nicht zu verwechseln mit dem Verband deutscher Schriftsteller in der verdi.«

Es ist mir egal, ob das Buch aus einem Druckkostenzuschussverlag hervorgegangen ist - solange es die Versprechen hält, die es offen und unterschwellig gibt. Dieses Buch aber täuscht den Leser nicht nur mit seinem Testsieger-Stempel, es weckt auch falsche Hoffnungen.

Auch gelesen hat's Petra Hildebrandt / texte.webhafen.de und sagt: »Kreatives Schreiben von Ulla Mothes kann man getrost im Regal der Buchhandlung stehen lassen - absolute Zeitvergeudung«

Kreatives Schreiben
Veröffentlicht:
Autor:
Ulla Mothes
Verlag:
Frankfurter Taschenbuchverlag
isbn:
3937909702 Bei Amazon kaufen