Programmplanung

"Als ich das Buch in der Straßenbahn gelesen habe, wurde ich von rechts und links schon ein wenig seltsam angeschaut. Schließlich musste es auf den ersten Blick so ausgesehen haben, als lese ich ein Fernseh-Programmheft. Nicht gerade die Lektüre, mit der man sich in der Öffentlichkeit sehen lässt. Viel interessanter an dieser Geschichte ist aber, dass ich dieses Buch überhaupt in einer Straßenbahn gelesen habe. Dass ich es stets in meiner Handtasche bei mir trug und zu jeder Gelegenheit las, das ist das eigentlich Bedeutende an der ganzen Sache.

Nun möchte man ja meinen, dass haufenweise Kalkulationen, Zahlen und Fakten zum deutschen Fernsehalltag nicht allzu spannend sein können. Für mich aber war dieses Buches eine Quelle der Aha-Erlebnisse. Ich gebe unumwunden zu: ich sehe gerne gutes Fernsehen und finde die Beweggründe und Strategien der Fernsehmacher sehr faszinierend. Zum Beispiel habe ich mich immer gefragt, wie Pro7 dazu kam, grauenvolle Formate wie Die Burg auszustrahlen. Dennis Eick kommentiert das so: »Shows wie [...] Die Burg führten zu schlechten Quoten und einer Irritation des Publikums, das diese Formate nicht mit dem bisherigen Image des Senders in Verbindung bringen konnte.« Also: ein ganz klarer Programmplanungsfehler (die Frage, wieso Pro7 trotz dieser Erkenntnis noch so Ausrutscher wie »Promipilgern« produzieren lässt, verlangt nach einer zweiten Auflage).

Es reicht mir natürlich nicht, einfach ein Buch über ein interessantes Thema zu lesen. Wenn ein Autor verschwenderisch mit unverständlichen (und vor allem unerklärten) Fachwörtern und umständlichen Sätzen umgeht, hat er trotzdem verloren. Das ist hier zum Glück gar nicht der Fall. Ohne vornehmlich englische Fachwörter kommt Eick zwar nicht aus - dafür erklärt er sie aber allesamt verständlich. Ganz bewusst richtet Dennis Eick sein Buch auch an aufmerksame Fernsehkonsumenten. Für alle, die beruflich in die Senderlandschaft einsteigen, ist dies sowieso eine tolle Einführung in die Entwicklung der Fernsehsender, die Grundlagen der Programmgestaltung, die Strategien, sowie die Wirtschaftlichkeit und das Marketing der Programmplanung.

Beim ersten Durchblättern sollte man sich keinesfalls von der bilderlosen (keine Sorge, die bunten Grafiken stecken im Anhang!), breit und klein gedruckten Textlandschaft abschrecken lassen - zumal diese auch noch voller Zahlen, Quoten und Prozentangaben ist. Dennis Eick hat ein gut verständliches Handbuch geschrieben, das dieselbe Spannung und Pragmatik aufweist, die ich schon an seinem Buch Exposee, Treatment und Konzept gelobt habe.