Was mit Medien

Einführung in die Medientheorie - einfache Beispiele, für »Beginner« zu anspruchsvoll ausformuliert

Was mit Medien hält titelgebend als die Antwort her, die Jugendliche gerne geben, wenn sie nach ihrem Studien- und Berufswunsch gefragt werden, berichtet der Medienphilosoph Lorenz Engell mit empörtem Unterton in seinem »Vorwort für Fortgeschrittene«. Geradezu »lästig« sei ihm diese Unkenntnis der »jungen Generation«. Die Medienwissenschaftlerinnen Nora-Nele Heinevetter und Nadine Sanchez gehen in der Einleitung »für Beginner« schon behutsamer mit dem unerfahrenen Leser um. Alle drei machen darauf aufmerksam, das doch schließlich so ziemlich alles um uns herum ein Medium sei: die Luft, der Holzschrank, der Asphalt, und überall überträgt etwas in der Funktion als stofflicher Vermittler Wärme, Schall, Licht.

Was wir dann dank der Medien wahrnehmen, sind die Dinge: das Licht wird durch das »Medium« Luft auf das »Ding« Auto projiziert, wodurch es für unsere Augen sichtbar wird (super: das Wort »Ding« ist nun in meinem Wortschatz rehabilitiert und hat wissenschaftlichen Charakter, anstatt nur als Verlegenheitswort zu dienen). Dieser Prozess der Vermittlung entgeht jedem, der nicht näher darüber nachdenkt. Diese Theorie des gleichnamigen Aufsatz »Ding und Medium« von Fritz Heider bildet den Auftakt der 15 »Sachgeschichten«, die uns Lesern die klassischen Medientheorien »unkompliziert und unterhaltsam« nahebringen sollen. So steht es jedenfalls auf dem Umschlagstext. Dort steht auch der Satz, der bei mir eine gewisse Erwartung auslöste: »Was mit Medien... ist das Wunschfach vieler Uni-Einsteiger«.

Spontan habe ich mir folgendes Szenario vorgestellt: ein Jugendlicher resp. Uni-Einsteiger, der diesen unbedarften Berufswunsch auszusprechen pflegt, erhält von einer besonnenen Verwandten dieses Buch in die Hand gedrückt. Auf dass er sich eine Vorstellung davon machen kann, was es tatsächlich bedeutet, was mit Medien, sprich: Medienwissenschaft zu studieren. Ganz so funktioniert das Buch dann aber nicht.

Schon die Ansprache (für Fortgeschrittene) von Lorenz Engell schreckt gewaltig ab. Er schreibt: »Das Konzept der Verfasserinnen sieht nun vor, eine Anzahl grundlegender Ansätze und Paradigmata [ist das das förmliche veraltete Plural?] der Medientheorie in einzelnen Essays in einer möglichst verständlichen; nein, man kann sogar im positiven Sinne sagen: oberflächlichen Sprache vorzustellen; insofern nämlich, als Pop - und um die Sprache und die Wissensform des Pop geht es hier - stets die Affirmation des Oberflächlichen betreibt.« Das hochtrabendeVorwort für Fortgeschrittene kann der »Beginner« getrost ungelesen herausreißen. Ich hoffte nun, dass die Autorinnen es dem Medienphilosophen nicht gleich tun und tatsächlich die angepriesene »oberflächlichen Sprache« pflegen. Leider sind ihre Sätze auch viel zu geschraubt - finden aber glücklicherweise meist schnell zum Punkt. Ein Fremdwörterbuch und viel Konzentrationsvermögen - betrachtet man ihn als unbedarften Jugendlichen - benötigt der Leser trotzdem. Da helfen auch die kindlichen Zeichnungen nicht, die hier und da eingestreut wurden.

Was mit Medien ist unbestreitbar interessant und hat mir, die ich nie auf den Gedanken kam Medienwissenschaft zu studieren, einen eindrücklichen philosophisch geprägten Eindruck von den physikalischen Wechselwirkungen um mich herum gegeben. Trotz der Beispiele, die mit GPS-System oder Latte Macchiato extra nah an unseren Alltag grenzen und so unterhaltsame Anschaulichkeit garantieren sollen, fühlte ich mich aber nicht sonderlich unterhalten. Der gemeine Jugendliche, sofern er überhaupt bereit ist sich näher mit seinen Berufswünschen zu befassen, wird dieses Buch schnell in die Ecke pfeffern - weil es einfach zu schwierig geschrieben ist.

Versteht mich nicht falsch - ich habe einiges gelernt und begonnen, gewisse Dinge (!) mit neuen Augen zu sehen, was wirklich toll ist. Jeder, der an der Medientheorie Interesse hat, wird dieses Buch schätzen. Für den »Beginner« hätte ich mir aber mehr »Affirmation des Oberflächlichen« gewünscht - im sprachlichen Ausdruck. Der größte Fehler des Buchs ist ohnehin das Vorwort für Fortgeschrittene, dessen unversöhnliche Worte man als allererstes liest. Eines weiß der Jugendliche, der zuvor flachsig »was mit Medien« studieren wollte (und damit irgendwie etwas mit Internet, Design und Fernsehen gemeint hat) nach den ersten Zeilen dieses Buchs wohl zu sagen: »... also was mit Medien will ich studieren. Medienwissenschaft aber nicht.«

Was mit Medien
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